Die Rundkirche von Saas-Balen

RundkircheDie der Himmelfahrt Mariens geweihte spätbarocke Kapelle besteht aus zwei verschieden grossen, ineinander verschmelzenden Zylindern (mit Schiff und Chor), die gedeckt sind von flachen Kegeldächern.An der Frontseite ist eine toskanische Vorhalle angebaut, in der ein Fassadenturm mit geschnürter Zwiebelhaube integriert ist. Der Rundbau ist einer der eigenwilligsten Barockbauten der Schweiz. In der Kulturgüterliste ist sie als von nationaler Bedeutung eingestuft. Der Bau der Rundkirche erfolgte in den Jahren 1809 bis 1812. Erbauer der Rundkirche war der einheimische Baumeister Johann Josef Andenmatten. In den Jahren 1992 bis 1994 wurde an der Kirche in Zusammenarbeit mit dem Kantonalen Heimatschutz eine umfassende Totalrenovation vorgenommen.

Der Altar der Schmerzhaften Muttergottes

Der Altar der Schmerzhaften Muttergottes

Die erste Kapelle
Die heutige Rundkirche hatte zwei Vorgängerinnen. Die erste Kapelle stand im Niedergut und konnte etwa 20 Personen fassen. Sie entstand im 16./17. Jahrhundert. Ihr Bau wurde von verschiedenen aus Balen stammenden Familien ausgeführt. Alte Schriften nennen diese Kapelle «die wundertätige Kapelle an Balen». Sie war zu Ehren der in den Himmel aufgenommenen Gottesmutter Maria geweiht. Von dieser Kapelle wissen wir heute nur noch, dass sie mit einem gotischen Flügelaltärchen ausgestattet war. Im Jahr 1705 wurde sie von einem «ehrlichen Steinschlag – der nicht wissen konnte, was er tat – zerstört».

Die zweite Kapelle
Auf dem gleichen Platz wurde zwischen 1710 und 1712 «eine schöne, grosse und prächtige Kapelle aufgebaut, an welcher unsere in Gott ruhenden Voreltern weder Arbeit noch Geld gespart haben». Da man um die Steinschlaggefahr wusste, wollte man dieses Gotteshaus anfänglich an einem anderen Ort bauen, doch wurden die Werkzeuge von Geisterhand immer wieder an den ursprünglichen Platz zurückgetragen (so will es wenigstens die Taltradition).

Da die alte Kapelle zudem die «Wundertätige» genannt wurde, wollte das Volk den Gnadenort nicht verlassen. So wurde die neue Kapelle am selben Ort gebaut. Ihre Aussenlänge betrug 23,45 m. Das Schiff war ein Rechteck von 16,2 m auf 10 m. Um sie weniger dem Steinschlag auszusetzen, gaben die Bauherren dem Gebäude auf der Bergseite keine Fenster. Deswegen wollten sie auch einen hohen Turm errichten, der jedoch nie vollendet wurde. Ausgestattet wurde das Kirchlein mit barocken Altären, die in den Fellmatten, am Dorfrand von Saas Balen geschnitzt und im Jahr 1744 auf dem Hollerbiel, einem Dorfteil von Balen, vom St. Galler Kaspar Leser, einem Schwiegersohn des berühmten Bildhauers Johann Ritz von Selkingen, vergoldet wurden. 1782 wurde die Kapelle mit einem dritten Altar zu Ehren des hl. Josef ausgestattet.

Doch auch diese Kapelle, die der Stolz des ganzen Tales war, wurde im Jahr 1796 von einem Steinschlag so schwer beschädigt, dass der damalige Bischof von Sitten, Josef Anton Blatter, anordnete, die Kapelle an einem sicheren Ort an der Hauptstrasse neu aufzubauen.

Die Rundkirche

Die Bevölkerung von Saas Balen war mit dem Befehl des Bischofs ein verstanden, doch verzögerte sich der Neubau aus drei Gründen um 10 Jahre: der Franzosenkrieg, ein Streit zwischen dem Pfarrer und dem Gemeindepräsidenten von Saas Grund und schliesslich Meinungsverschiedenheiten in Saas Balen. Streitigkeiten, die erst 1812 endgültig beigelegt werden konnten.

Ausschnitt aus dem Hochalter Maria Himmelfahrt

Ausschnitt aus dem Hochalter Maria Himmelfahrt

Bereits 1809 wurde jedoch mit d en ersten Arbeiten begonnen . 1810 kam der aus Saas Balen gebürtige Baumeister von Sitten, Johann Josef Andenmatten mit zwölf aus dem Tirol gebürtigen Gesellen auf den Bauplatz, um beim Bau mitzuhelfen. Zudem arbeiteten sechs einh eimische Meister an der Behauung der Steine. Die Talgemeinden schickten Handlanger, so dass der Bau rasch voranschritt. Ab 1811 wurden die Verzierungen, die in Sitten hergestellt wurden, in der Kirche angebracht. Am 13. September 1812 wurde die neue Rundkirche vom grossen Förderer des Baus, Rektor Dr. Peter Josef Zurbriggen eingeweiht. Die letzten 6 Jahre seines Leben hat er diesem Gotteshaus gewidmet. Als er 5 Monate nach der Einweihung starb, wurde er in der Rundkirche beigesetzt.

Der Hauptaltar der Kirche

Der Hauptaltar der Kirche

Der St. Josefsaltar

Der St. Josefsaltar

Innenansicht
Betreten wir nun die zuletzt zwischen 1992 und 1994 renovierte Rundkirche durch das Rundportal aus Tuffstein. Beim Eintritt wird unser Blick sofort vom majestätischen Hochaltar von 1744 gefangen genommen. Er ist mit seiner wundervollen Darstellung der Aufnahme Mariens in den Himmel ein Meisterwerk für sich und zeugt von einer reichen Phantasie des Künstlers. Neben dieser Darstellung, die den grössten Teil des Altaraufbaus einnimmt, stehen aussen links und rechts eine Statue des hl. Petrus (links) und des hl. Paulus (rechts). Direkt neben der Darstellung der um das leere Grab Marias versammelten Apostel sehen wir links den ersten Bischof von Sitten, den hl. Theodul, sein Pendant stellt den hl. Nikolaus von Myra dar. Auf dem zweiten Geschoss des Altars steht linker Hand der hl.Josef mit dem Jesuskind auf dem Arm, rechts gegenüber der hl. Antonius von Padua. Dazwischen die in den Himmel fahrende Muttergottes, die von vier Putten fast getragen und von sechs Putten begleitet wird. Zuoberst eine Darstellung der Hl. Dreifaltigkeit. Der rechte Seitenaltar trägt ein prachtvolles Gemälde der Beweinung Jesu (Pieta) und in seinem Aufsatz ein Bild des hl. Petrus, dargestellt mit Papstkreuz und Tiara.

Fresko am Gewölbe des Schiffes. Es stellt die Himmelfahrt Mariens dar.

Fresko am Gewölbe des Schiffes. Es stellt die Himmelfahrt Mariens dar.

Ausschnitt aus dem Hochaltar: Die Apostel vor dem leeren Grab von Maria

Ausschnitt aus dem Hochaltar: Die Apostel vor dem leeren Grab von Maria

Der linke Seitenaltar aus den letztenJahrzehntendes 18. Jahrhunderts ist dem hl. Josef geweiht, dessen Figur wir in der Mitte des Altars sehen.  Er wird flankiert von den Märtyrerjungfrauen Katharina (mit dem Rad zu ihren Füssen) und Apollonia(?). Unter einem Baldachin, der den Altar nach oben abschliesst, sitzt das Jesuskind mit der Weltkugel im Strahlenkranz.

Die Wände der Kirche werden geschmückt durch die 14 Kreuzwegstationen, die etwa um 1815 entstanden sind.

Wenn wir zum Schluss unseres Besuches noch die Augen zum Himmel erheben, sehen wir am Gewölbe des Schiffes ein Fresko, das die Himmelfahrt Mariens darstellt. Im Chorgewölbe treffen wir ebenfalls auf ein Fresko mit dem Weihnachtsgeschehen. Beide stammen aus dem Jahr 1812.

Als die Rundkirche eingeweiht wurde, herrschte grosse Freude unter der Balmer Bevölkerung, denn alle waren sich bewusst, das prächtigste Bauwerk des Tales vollendet zu haben. Sie ist es wohl bis heute geblieben.

„Kirchen und Kapellen sind Himmel auf Erden, Gott nimmt sie zu seiner Wohnung an“, heisst es auf der ersten Seite des Gemeindebuches von Saas Balen. Das gebe Gott!

Paul Martone

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